LVU-Unternehmerabend

Wirtschaft im Fokus des öffentlich-rechtlichen Auftrags

Beim Unternehmerabend der Landesvereinigung Unternehmerverbände Rheinland-Pfalz (LVU) versammelten sich am 15. November im Frankfurter Hof in Mainz rund 150 Persönlichkeiten aus Politik, Gesellschaft und Wirtschaft, um sich über aktuelle Themen auszutauschen. Inhaltlich ging es vor allem um die Rolle der Medien, insbesondere des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, in Zeiten tiefgreifender gesellschaftlicher Veränderungen. Auf dem Podium diskutierten Ministerpräsidentin Malu Dreyer, der SWR-Intendant und ARD-Vorsitzende Prof. Dr. Kai Gniffke sowie LVU-Präsident Johannes Heger über Wert, Auftrag und Perspektiven des öffentlich-rechtlichen Rundfunks und die Strukturreform innerhalb der ARD.

Gniffke betonte, dass man in der ARD noch stärker unternehmerisch denken müsse. Alle Medien stünden vor der Herausforderung, sich auf digitale Mediennutzung einzustellen. „Das haben wir etwa mit der Gründung des gemeinsamen Streaming-Netzwerks mit dem ZDF getan“, erläuterte Gniffke. Auch in der ARD selbst ändere sich gerade viel, da diese Transformation im laufenden Betrieb passiere. „Wir senden Radio und Fernsehen auf absehbare Zeit ja auch noch linear. Darum führt kein Weg an mehr Arbeitsteilung und mehr Effizienz vorbei, wenn wir unsere Qualitätsstandards halten wollen“, so Gniffke weiter. In der ARD bündele man Kompetenz in bestimmten Themenfeldern, mache mehr gemeinsam und investiere so freiwerdende Ressourcen in die regionale Berichterstattung und die digitale Zukunftssicherung der ARD.

MinisterpräsidentinDreyer betonte, dass freie, unabhängige und vielfältige Medien ein Garant für die persönliche Meinungsbildung und eine unverzichtbare Säule unserer demokratischen Grundordnung seien. „Der SWR ist mit seiner regionalen Berichterstattung ein fester Alltagsbegleiter für die Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer“, so die Ministerpräsidentin. Auch Wirtschaftsunternehmen leisteten einen großen Beitrag zum gesellschaftlichen Zusammenhalt und Wohlstand. Deshalb gehöre es für sie auch zum Bildungsauftrag, über Wirtschaftspolitik zu informieren. „Es ist wichtig, nachvollziehen zu können, wie wirtschaftliche, politische und gesellschaftliche Entwicklungen miteinander verbunden sind“, erklärte Ministerpräsidentin Malu Dreyer. Der Auftrag des Mediengesetzgebers sei es, den Rahmen dafür zu schaffen, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk seinen Auftrag in dieser Weise wahrnehme. In der Rundfunkkommission der Länder gehe man die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sehr entschlossen an, um mehr Kooperation, mehr Innovation, mehr Generationengerechtigkeit ins Angebotsportfolio zu geben.

Heger gegen gesetzliche Tarifbindung – bei Arbeitszeit zählt jede Stunde

LVU-Präsident Heger meinte, dass die Unternehmerinnen und Unternehmer zunehmend vor der Aufgabe stünden, nicht nur wirtschaftliche, sondern auch gesellschaftliche Verantwortung zu übernehmen. Dabei seien sie auf einen unabhängigen und qualitativ hochwertigen Journalismus angewiesen. „Bei vielen öffentlichen Debatten zeigt sich, dass das Verständnis für wirtschaftliche Zusammenhänge nicht größer geworden ist. Doch dies ist unerlässlich, damit unternehmerische oder wirtschaftspolitische Entscheidungen auf die notwendige gesellschaftliche Akzeptanz stoßen“, sagte Heger: Das gelte insbesondere für Entscheidungen, die die Rahmenbedingungen vor Ort verbessern sollen. Dann sei eine ausgewogene und faktenbasierte Berichterstattung zu aktuellen Wirtschaftsthemen besonders wichtig.

Neben der Medienpolitik ging es beim Unternehmerabend auch um aktuelle arbeits- und wirtschaftspolitische Themen. In seiner Begrüßung ging Heger auf die Tariftreue in. Eine starke Tarifbindung sei zwar das gemeinsame Ziel der Sozialpartner, allerdings verliefen die gewählten Wege dorthin unterschiedlich. „In vielen Tarifverträgen finden sich äußerst komplizierte, bürokratische und kostenintensive Sonderregelungen, die viele Arbeitgeber in der Vergangenheit zur Abkehr von der Tarifbindung bewegt hätten“, mahnte Heger. Deren Erstreckung sei keine staatliche Aufgabe. Die Stärkung der Tarifbindung brauche keine gesetzliche Verordnung, sondern eine Beseitigung derartiger Hindernisse. Auch der aktuell vieldiskutierten Viertagewoche erteilte Heger eine klare Absage. „Vor dem Hintergrund des akuten Arbeitskräftemangels, des demografischen Wandels und der aktuellen konjunkturellen Entwicklung können wir uns eine Reduzierung des Arbeitszeitvolumens schlicht nicht leisten“, so Heger. Und weiter: „Es kann derzeit nur eine Devise geben und die lautet: Jede Stunde zählt!“

Daneben sei die Energiefrage nach wie vor das große Standortthema. Das Strompreispaket sei ein erster Schritt, aber die Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschaftsstandorts müsse angesichts der vielen energieintensiven Unternehmen noch weiter gesichert werden. Heger betonte die Notwendigkeit einer Rückkehr zu marktwirtschaftlichen Grundsätzen durch eine massive Ausweitung des Stromangebots und eine Beschleunigung der Genehmigungsprozesse für den Ausbau der erneuerbaren Energien, der Übertragungs- und Verteilnetze sowie der Speicherkapazitäten und Backup-Kraftwerke. Laut Heger sei Standortpolitik die aktuell wichtigste wirtschaftspolitische Aufgabe. In diesem Zusammenhang warb er für eine weiterhin intensive Zusammenarbeit zwischen Politik und Wirtschaft. „Den rheinland-pfälzischen Politikstil der partnerschaftlichen Zusammenarbeit können wir für uns in Stellung bringen“, so der LVU-Präsident.

Schmitt betont Bedeutung von Innovationen und Investitionen

Wirtschaftsministerin Daniela Schmitt betonte in ihrem Grußwort die Bedeutung eines innovationsfreundlichen Umfelds für die Unternehmen im Land. Sie kündigte verstärkte Unterstützung durch die Innovationsagentur an, die als zentrale Anlaufstelle die Vernetzung von Wirtschaft und Wissenschaft fördern soll. Schmitt sagte: „Innovationen sind der Schlüssel, um aktuelle und zukünftige Herausforderungen zu meistern und die eigene Position am Markt zu sichern.“  Für die Attraktivität des Wirtschaftsstandorts seien Investitionen in eine moderne, leistungsfähige und sichere Infrastruktur unerlässlich. „Gerade unsere hoch vernetzte Wirtschaft mit ihren komplexen Wertschöpfungsketten ist auf eine zuverlässige Logistik angewiesen. Als Landesregierung investieren wir deshalb Rekordsummen in den Straßen- und Brückenbau, haben aber auch die Schienen- und Wasserstraßeninfrastruktur im Blick. Auch unsere Binnenhäfen als Bindeglied zwischen Straße, Schiene und Wasserstraße wollen wir stärken. Dazu werden zum Beispiel in den Aufbau moderner Landstromanlagen investiert und die Erneuerung von Kaianlagen unterstützt“, so Schmitt weiter.